Welchem Nachhaltigkeitssiegel kann ich vertrauen?

Eine der großen Fragen beim Thema Nachhaltigkeit ist: was ist eigentlich nachhaltig? Denn machen wir uns nichts vor. Jedes Unternehmen versucht, seine eigenen Produkte so nachhaltig wie möglich darzustellen, denn es ist zum Glück en vogue sich nachhaltig zu geben. Doch dadurch gibt es natürlich auch viele, die ihre eigenen Produkte gerne nachhaltiger darstellen als sie es eigentlich sind.

Da wollen verschiedene Verbrauchersiegel aushelfen. Hersteller können ihre Produkte zertifizieren lassen. Das ist eigentlich eine gute Sache. Doch leider gibt es so viele Nachhaltigkeitslabel, dass diese auch wieder einen Dschungel darstellen. Utopia listet alleine über 100 Siegel auf seiner Seite. Da kann man schnell den Überblick verlieren. Dazu kommt noch, dass Hersteller auch ihre eigenen Label kreieren können. Und wenn man die offiziellen Nachhaltigkeitssiegel nicht kennt, erkennt man vielleicht nicht den Unterschied. Jeder Hersteller kann ja sein eigenes Label erstellen und behaupten er wäre nachhaltig. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich dadurch, dass auch noch je Kategorie eigene Siegel vorliegen. Es gibt zwar auch einige Kategorieübergreifende Nachhaltigkeitssiegel. Die sind meist jedoch so weich, dass es sinnvoller ist, sich an einem strengeren Label zu orientieren. 

In diesem Artikel stelle ich Euch nun die strengsten und häufigsten Label für Nachhaltigkeit vor. Es gibt natürlich etliche andere. Meiner Meinung nach lohnt es sich jedoch, sich lieber einige wenige zu merken, als alle verstehen zu wollen. 

Nachhaltigkeitssiegel für Lebensmittel

Die meisten Siegel und wahrscheinlich auch die etabliertesten Nachhaltigkeitssiegel gibt es im Bereich Lebensmittel. Die strengsten Nachhaltigkeitslabel sind dabei Demeter, Bioland und das EU Biosiegel.

Demeter

Das Demeter-Siegel ist das strengste Bio-Siegel und wird vom Demeter Verband vergeben. Demeter steht dabei für ökologische Landwirtschaft, die auf den Lehren Rudolf Steiners basiert. Damit ist Demeter mehr als reiner ökologischer Landbau, sondern es liegt die anthroposophische Lehre zugrunde. Da ist es zum Beispiel wichtig, dass die Pflanzen entlang der Mondphasen gepflegt (aussähen, düngen, schneiden, ernten) werden. Diese Philosophie ist sicherlich nicht für jeden etwas. Selbst wer die antroposophische Lehre ablehnt oder schlicht für Humbug hält, profitiert von den strengen Regeln für biodynamische Landwirtschaft. Übrigens, für Veganer ist Demeter wohl nicht geeignet. Denn Demeter sieht einen Landwirtschaftsbetrieb als Kreislauf. Dafür sind z.B. für die Düngung der Pflanzen eigene Tiere notwendig.

Es gibt knapp 2.000 Demeter Höfe in Deutschland. Damit ist Demeter zwar ein wichtiges, aber eher kleines Nachhaltigkeitssiegel. Seht ihr dieses Siegel, könnt ihr auf jeden Fall nichts falsch machen. Interessant ist das Label auch, wenn ihr im Ausland unterwegs seid, denn der Verband repräsentiert ca. 6.500 Höfe weltweit.

Bioland

Bioland ist ein deutscher und Südtiroler Verband für biologischen Landbau und repräsentiert ca. 8500 Höfe. Die Kriterien gehen ebenso über die gesetzlichen Bestimmungen für ökologischen Landbau hinaus. Zu den Prinzipien von Bioland zählt nachhaltige Kreislaufwirtschaft, artgerechte Haltung der Tiere, Förderung biologischer Vielfalt sowie die Bewahrung natürlicher Lebensgrundlagen. Um eine echte Kreislaufwirtschaft auf einem Hof etablieren zu können, benötigt es auch Tierhaltung. Allerdings kann der Dünger – im Gegensatz zu Demeter – auch zugekauft werden.

EU Biosiegel

Das EU Biosiegel ist das am weitesten verbreitete Biosiegel und gleichzeitig das schwächste Siegel in dieser Liste. Dennoch ist es vor allem für diejenigen, die im normalen Supermarkt einkaufen ein sehr nützlicher Wegweiser. Übrigens, alle Produkte, die ein Bioland oder Demeter Siegel haben und aus der EU stammen müssen auch ein EU Biosiegel haben. Insgesamt wird ungefähr 8% der gesamten Landwirtschaftsfläche in Europa entsprechend der EU Biovorschriften bewirtschaftet. Deutschland liegt dabei im Durchschnitt während es zum Beispiel in Österreich bereits 25% sind.

Vergleich Demeter, Bioland und EU Biosiegel

Beim Bodenseekreis der Grünen gibt es eine gute Übersicht, die alle drei Bio-Siegel miteinander vergleicht. Es besteht einerseits ein großer Unterschied bei der Düngung. Während z.B. beim EU-Biosiegel die Menge von Stickstoffdüngern und auch anderen Handelsdüngern nicht begrenzt ist, gibt es eine klare Grenze bei Bioland und Demeter.

Unterschiede gibt auch bei der Tierhaltung: Insbesondere wird bei Demeter und Bioland Geflügel fast doppelt so viel Fläche zugesprochen im Vergleich zum EU BioSiegel. Die Tiere werden bei Demeter auch mit Demeterfutter versorgt und das zu mindestens 50% vom eigenen Hof. Auch bei Bioland sollen die Tiere durch den eigenen Hof zu mindestens 50% versorgt werden. Kleinere Betriebe haben jedoch Erleichterungen und dürfen das Futter auch zukaufen. In der EU Bioverordnung kann das gesamte Futter zugekauft werden. Es gibt eine Liste an Produkten, die Landwirte verfüttern dürfen. Darunter gibt es auch konventionelle Futtermittel. Auch wenn alle darauf hinweisen, dass Tiertransporte mit so wenig Stress wie möglich verbunden sein sollen, erwarten nur Demeter und Bioland kurze Wege (maximal 200 km).

Beim Saatgut unterscheiden sich die drei Siegel noch einmal. Grundsätzlich ist chemisch-synthetisch behandeltes Saatgut grundsätzlich bei allen verboten. Doch nur Demeter hat klare Vorgaben: es sollen samenfeste, harmonisch abreifende und energetisch wertvolle Sorten gezüchtet werden und Hybride sind verboten.

Nachhaltigkeitssiegel für Kosmetik

In der Kosmetik gibt es anders als im Lebensmittelbereich keine einheitliche EU-Regelung und damit sind Begriffe wie Naturkosmetik oder Biokosmetik nicht geschützt. Es gibt verschiedene Verbände, die Nachhaltigkeitssiegel nach ihren eigenen Kriterien vergeben. Das strengste ist das Natrue Siegel und das am weitesten verbreitete Siegel ist das Ecocert Cosmos Siegel.

Um das ganze noch ein bisschen verwirrender zu machen, haben beide Standards haben zwei Ausprägungen – Naturkosmetik und Biokosmetik – die jedoch bei beiden etwas unterschiedliches bedeuten. Beiden gemeinsam ist, dass sowohl die Natur- als auch die Biokosmetik frei sind von synthetischen Düften oder Farbstoffen, Derivaten aus der Petrochemie wie Paraffine, PEGs, -propyle-, -alkyle-, etc., Silikonölen und Silikonderivaten sowie gentechnisch modifizierten Inhaltsstoffen. Zudem erlauben die Nachhaltigkeitssiegel keine Bestrahlung von Rohstoffen oder Endprodukten sowie Tierversuche.

Natrue

Natrue ist wohl das strengste Nachhaltigkeitssiegel, denn es erwartet nicht nur, dass ein Produkt eines Unternehmens den Ansprüchen genügt, sondern mindestens 75% aller Produkte dem Natrue Standard entsprechen und die übrigen 25% sind entweder keine kosmetischen Produkte oder auch natürlich / biologisch, entsprechen aber zum Beispiel aufgrund Verwendung, Herkunft oder Herstellung der Rohstoffe nicht dem Natrue Standard. Es gibt ungefähr 7.000 Natrue zertifizierte Produkte auf dem Markt.

In der Naturkosmetik müssen alle Inhaltsstoffe 100 % natürlich, naturnah und naturidentisch sein. Unter natürlich verstehen sie Rohstoffe, die pflanzlich, anorganisch-mineralische (kein organisches- Mineral, z. B. Mineralöl) oder tierisch (ausgenommen tote Wirbeltiere) sind. Unter naturnah verstehen sie Stoffe, die nicht in ausreichenden Mengen in ihrer Form in der Natur vorkommen. Deshalb dürfen sie aus Naturstoffen mittels chemischer Reaktion gewonnen werden. Die letzte Gruppe sind naturidentische Rohstoffe. Diese werden im Labor hergestellt, entsprechen in ihrem Aufbau jedoch in der Natur vorkommender Substanzen. Es gibt eine Liste mit momentan 72 Rohstoffen (Pigmente, Mineralien und Konservierungsstoffe), die erlaubt sind. Wie hoch der Anteil an naturnahen und naturidentischen Inhaltsstoffen sein darf, ist je nach Produktkategorie unterschiedlich.

Die Biokosmetik geht noch einen Schritt weiter. Zusätzlich zu den Kriterien für Naturkosmetik müssen die natürlichen und naturnahen pflanzlichen und tierischen Inhaltsstoffe in den als Biokosmetik zertifizierte Produkten zu mindestens 95% aus kontrolliert biologischer Erzeugung und/oder aus kontrollierter Wildsammlung stammen.

Was ich persönlich etwas schwierig finde: auf den Produkten selbst kann ich nicht erkennen, ob es denn ein Natrue Naturkosmetiksiegel ist oder ein Natrue Biokosmetiksiegel. Denn das Siegel ist das gleiche. Ich kann nur in der Natrue Produktdatenbank nachschauen, in welcher Kategorie ein Produkt zertifiziert ist.

Ecocert Cosmos

Der Cosmos Standard ist mit mehr als 26.000 Produkten am Markt weiter verbreitet als das Natrue Nachhaltigkeitssiegel. In Deutschland werden Produkte durch die Zertifizierungsstelle Ecocert geprüft. Deshalb findet ihr in Deutschland die Produkte immer als Ecocert Cosmos gelabert. Ein weiterer Pluspunkt dieses Nachhaltigkeitssiegels ist es, dass ich sofort erkenne, ob ein Produkt dem Naturkosmetik oder dem Biokosmetikstandard entspricht.

In der Naturkosmetik müssen alle Inhaltsstoffe natürlichen Inhalts sein. Im Gegensatz zum Natrue Standard sind jedoch einige Petrochemische Konservierungsstoffe übergangsweise noch erlaubt. Während der Natrue Standard es vorsieht, dass die gleichen chemischen Verbindungen zwar benutzt werden, aber im Labor entwickelt worden sein müssen. Beispiele dafür sind Benzoesäure und ihre Salze oder Benzylalkohol. Bestimmte Inhaltsstoffe, die auf dem Weltmarkt in ausreichender Bioqualität verfügbar sind, müssen auch in der Naturkosmetik in Bioqualität verwendet werden. Darunter fallen viele Öle wie zum Beispiel Arganöl, Palmöl oder Sojaöl. Diese Anforderung stellt Natrue für sein Naturkosmetiksiegel nur für Palmöl.

In der Biokosmetik müssen mindestens 95% der pflanzlichen und tierischen Inhaltsstoffe in Bioqualität einfließen. In Bezug auf das Gesamtprodukt müssen mindestens 20% der Inhaltsstoffe bio sein. Der Unterschied kommt daher, dass auch Wasser und mineralische Inhaltsstoffe enthalten sein können, die per Definition nicht aus biologischem Anbau stammen können.

Der größte Unterschied zwischen den beiden Siegeln besteht wohl darin, wie viel naturnahe Stoffe verwendet werden dürfen. Während der Natrue Standard explizite Maximalanteile definiert, sieht der Ecocert Cosmosstandard die grüne Chemie als Schlüssel zum Erfolg von Nachhaltigkeit in der Kosmetikindustrie.

Nachhaltigkeitssiegel für Reinigungsprodukte

Denke ich an Reinigungsprodukte, sehe ich immer noch das Bild aggressiver Chemiekeulen vor mir. Dabei putze ich selbst bereits seit langer Zeit am liebsten mit natürlichen Produkten. Gerade Reinigungsprodukte sollten biologisch abbaubar sein. Denn sie landen ja im Abfluss, kommen dann in die Kläranlage, von wo das gereinigte Abwasser in Flüsse und Seen geleitet wird. Wird es dort nicht biologisch abgebaut, werden Tiere und Pflanzen vergiftet und es kann auch im Trinkwasser landen. Also: lieber Naturprodukte verwenden. Das beste Nachhaltigkeitssiegel für Reinigungsprodukte ist Ecocert Ökologische Wasch- und Reinigungsmittelmittel.

Auch bei den Wasch- und Reinigungsmitteln gibt es zwei Stufen. Einmal die ökologischen Wasch- und Reinigungsmittel und die ökologischen Wasch- und Reinigungsmittel hergestellt mit Bio-Rohstoffen. Ich persönlich finde die Bezeichnungen ja etwas verwirrend und fände es besser, wenn es wie in der Kosmetik einmal Naturprodukte und Bioprodukte gäbe. In beiden Standards müssen 95% der Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs sein. Die übrigen 5% dürfen zum Beispiel Erdöl-basierende Produkte sein. Das Label mit Bio-Rohstoffen erhält ein Produkt, wenn mindestens 10% der Inhaltsstoffe aus biologischem Anbau stammen.

Nachhaltigkeitssiegel für Textilien

Im Bereich Textilien gibt es wahre Flut an Siegeln. Die meisten dieser Siegel sind jedoch entweder recht lasch oder sie beziehen sich nur auf einen kleinen Teilausschnitt wie zum Beispiel das Tierwohl oder auf Fair Trade. Das wohl strengste Siegel ist das IVN Best Siegel. Allerdings ist das nicht sonderlich weit verbreitet – auf der Mitgliederseite des IVN zähle ich 11 Hersteller mit IVN Best Siegel. Eine Alternative bietet das ebenso sehr strenge Siegel GOTS, welches du eigentlich überall finden kannst. Die GOTS Datenbank listet insgesamt über 8000 zertifizierte Unternehmen, davon über 3500 Hersteller. Interessant ist, dass der IVN – internationaler Verband der Naturaltextilwirtschaft, der den IVN Best Standard definiert auch Teilhaber des Global Organic Textile Standards ist und damit auch diesen federführend mitgestaltet. Deshalb sind beide Standards sehr ähnlich. Hier sind die wichtigsten Unterschiede:

Beim GOTS muss ein Produkt zu mindestens 70% aus Bio-Naturfasern (GOTS „made with“) bzw. 95% (GOTS organic) bestehen während es beim IVN BEST zu 100% aus Bio-Fasern bestehen muss. Das gilt übrigens nicht nur für die Stoffe, sondern auch für Garne und Knöpfe und ähnliches. Beim GOTS dürfen dafür auch Kunstfasern eingesetzt werden.

Auch bei der Behandlung der Fasern zum Beispiel Bleichen und Färben ist der IVN Best Standard strenger als GOTS. Während IVN BEST nur Bleichen auf Sauerstoffbasis erlaubt und schwermetallhaltige Farben verboten sind, dürfen die Hersteller beim GOTS auf eine breitere Palette an Chemikalien und Farben zurückgreifen, die jedoch immer noch viel sauberer sind als bei der konventionellen Mode.

Da die Modeindustrie sehr global aufgestellt, ist es besonders bei den Nachhaltigkeitssiegeln der Textilindustrie wichtig, dass auch soziale Aspekte mit einfließen. Für beide Standards gilt, dass die von der ILO festgelegten Arbeitsstandards in der gesamten Produktionskette respektiert werden. Beim IVN Best gelten darüber hinaus erhöhte Arbeitssicherheits- und Arbeitnehmerschutzbedingungen.

Nachhaltigkeitssiegel für Holzprodukte

Es gibt einige Siegel für Holz- und Papierprodukte. Eine gute Übersicht dazu gibt es beim WWF Deutschland. Die besten Standards sind der FSC für 100 Holz sowie der Blaue Engel bei Papierprodukten. Übrigens, seht ihr ein Rainforest Alliance Logo auf Holzprodukten, dann steckt auch der FSC dahinter.

FSC 100

Eigentlich hat der FSC 3 Nachhaltigkeitssiegel – den FSC Mix, den FSC Recycled und den FSC 100. Während beim FSC Mix 70% des eingesetzten Materials entweder aus recyceltem Material oder aus Holz FSC bewirtschafteter Wälder bestehen muss, sind es bei den anderen beiden Standards je 100% – eben 100% recyceltes Material beim FSC Recycled oder 100% FSC zertifiziertes Holz beim FSC 100.

Die FSC Standards für nachhaltig bewirtschaftete Wälder sind recht umfangreich – sie enthalten einige fast offensichtliche Punkte wie dass sich Forstbetriebe an die lokale Gesetzgebung halten. Darüber hinaus berücksichtigen sie

  • soziale Kriterien der Arbeitnehmer, der indigenen Bevölkerung und der lokalen Bevölkerung,
  • ökologische Kriterien:
    • nur so viel Holz entnehmen, dass die ökologische Leistung erhalten oder verbessert wird,
    • seltene und gefährdete Arten schützen,
    • naturnahe Waldteile etablieren,
    • natürlich vorkommende Arten schützen,
    • Wasserläufe schützen,
    • keine Weihnachtsbaumplantagen einführen,
    • standortgerechter Baumbesatz,
    • keine gentechnisch-veränderten Organismen,
    • kein Dünger,
    • nur erlaubte Pflanzenschutzmittel und nur, wenn behördlich vorgeschrieben
  • wirtschaftliche Kriterien: klar formulierte Ziele und Leitlinien, so dass alle Beschäftigte bescheid wissen sowie ein implementiertes Controlling darüber

Insgesamt sind weltweit ca. 20% der regelmäßig bewirtschafteten Waldfläche bzw. 10% der gesamten Waldfläche FSC zertifiziert. Bei den genutzten Nachhaltigkeitssiegeln sind ca. 10% der Siegel FSC recyceled, 10% FSC 100 und 80% FSC Mix.

Blauer Engel

Der Blaue Engel ist das staatliche deutsche Umweltzeichen. Grundsätzlich soll der blaue Engel innerhalb einer Produktkategorie die Umwelt-Best-Practices abbilden. Das bedeutet, dass Produkte, die mit dem Blauen Engel gekennzeichnet sind, nicht unbedingt absolut umweltfreundlich sind. Sondern es bedeutet nur, dass sie umweltfreundlicher als andere Produkte sind.

Beim Papier sind Produkte mit dem Blauen Engel jedoch auch absolut gesehen umweltfreundlich. Denn der Blaue Engel Standard für Recyclingpapier und -karton erwartet, dass

  • das neue Papier komplett aus Altpapier besteht,
  • im Produktionsprozess keine schädlichen Substanzen genutzt werden und
  • auch im Endprodukt unter Einsatzbedingungen nicht austreten.

Nachhaltigkeitssiegel für Haushaltsgeräte

Für Haushaltsgeräte gibt es wenige Nachhaltigkeitssiegel. Einzelne Siegel trauen sich zu, einzelne Produktarten zu zertifizieren.

  • Der Blaue Engel zertifiziert Gartengeräte, Kaffeemaschinen, Leuchtmittel, Toaster und Wasserkocher.
  • Der TüV Rheinland gibt das Zertifikat Green Product raus. Damit zertifiziert er Waschmaschinen, Kühlgeräte und Geschirrspüler.
EU Energielabel: Quelle: Umweltbundesamt

Wenn ich mir die Kriterien durchlese, habe ich jedoch den Verdacht, dass einfach nur verschiedene Standards zusammengeführt werden. Zum Beispiel erwarten die Prüfstellen, dass die Geräte energieeffizient sind. Das zeigt bereits die Energieeffizienzklasse an. Dann soll sie besonders geräuscharm sein – auch das deckt das EU Energie Label ab. Dann erwarten diese Nachhaltigkeitssiegel noch, dass sie keine „Kunststoffen, die als konstitutionelle Bestandteile Stoffe besitzen, die krebserzeugend, erbgutschädigend, fortpflanzungsgefährdend oder besonders besorgniserregend aus anderen Gründen sind“ einsetzen. Das ist natürlich gut, doch geht ich davon aus, dass dies bereits in der Gesetzgebung integriert ist.

Es gibt jedoch drei Dinge, die für mich herausstechen, warum es sinnvoll ist, nicht nur auf das EU Energielabel zu schauen, sondern auch auf die beiden Siegel:

  1. Hersteller müssen eine Recyclingstrategie haben und die Geräte recyclinggerecht konstruiert. Leider ist dies auch so schwammig in den Kriterien formuliert. Es gibt also scheinbar genauen Kriterien wie „80% Inhaltsstoffe müssen recycelbar sein“.
  2. Die Hersteller verpflichten sich, eine Art Ökobilanz nach den ISO Standards 14040 und 14044 zu erstellen. Das alleine macht natürlich noch keinen Unterschied. Doch müssen sich die Hersteller so intensiv mit den Umweltauswirkungen ihrer Produkte entsprechend des gesamten Produktlebenszykluses auseinander setzten.
  3. Hersteller verpflichten sich, dass sie für dieses Produkt für die nächsten 10 Jahre noch Ersatzteile bereit halten. Dadurch sollen die Produkte länger leben.

Computer und andere IT Produkte

Im Bereich Computer- und Telko-Produkte kommt eigentlich nur das TCO Siegel in Frage. Zwar gibt es genauso wie bei den Haushaltsgeräten noch den Blauen Engel und das Green Product Siegel vom TüV Rheinland. Doch diese sind nicht sonderlich strenge Siegel.

Das TCO Nachhaltigkeitssiegel wird von einer Unterorganisation des schwedischen Gewerkschaftsbundes TCO herausgegeben. Bisher gibt es 3500 zertifizierte Produkte in 11 Produktkategorien wie Notebooks, Tablets, Bildschirme, Smartphones etc. Besonders ist: Der TCO überarbeitet die Kriterien alle drei Jahre, um mit dem technologischen Fortschritt mithalten zu können.

Die Kriterien orientieren sich an dem Nachhaltigkeitsdreieck aus Umwelt, Soziales und Management.

Unter Umwelt versteht TCO, dass das Produkt einerseits sicher und lange nutzbar ist sowie dass während der Produktion Schadstoffe vermieden werden.

Sozial bedeutet: ILO Kernarbeitsnormen einhalten, Arbeitnehmer keinen Schadstoffen aussetzen und Konfliktmaterialien wie Kobalt nicht aus ausbeuterischen Minen beschaffen.

Vom Management erwartet der TCO, dass sie klare Nachhaltigkeitsziele in Bezug auf Nachhaltigkeitsindikatoren wie z.B. Energieverbrauch, Gewicht, Anteil Recyclingstoffe setzen und dafür sorgen, dass diese erreicht werden.

Abschluss

Ich möchte diesen Artikel mit einem Zitat vom TCO beenden, das sehr gut zeigt, vor welchen Herausforderungen Nachhaltigkeitssiegel stehen. Es erklärt meines Erachtens auch gut, warum es kein perfekt nachhaltiges Nachhaltigkeitslabel gibt.

We then discuss challenges and possible solutions with a broad scope of stakeholders including representatives from the academic world, purchasers and other representatives from purchasing organizations, and the IT industry. At this stage, we have decided on a number of focus areas, and need to find the right criteria level where we challenge the IT industry and drive sustainability but at the same time, avoid setting criteria that are impossible to meet. Otherwise our requirements will have no impact at all since the IT brands will not even try to fulfill them.

https://tcocertified.com/blog/why-the-new-tco-certified-took-30000-hours-to-develop/#weglot_switcher

Damit ihr immer den Überblick habt, gibt es hier den Nachhaltigkeitssiegelguide zum Ausdrucken im Hosentaschenformat.