Wie nachhaltig ist gebrauchte Mode online kaufen?

Ich kaufe gerne bei Vinted Kleidung für meine Kleine. Häufig genug frage ich mich: wie nachhaltig ist es, gebrauchte Mode online zu kaufen? Ich bündele verschiedene Stücke, um nicht jedes Teil von jemanden anders zu kaufen. Doch häufig ist das nicht möglich und ich kaufe von vielen verschiedenen Eltern. So stelle ich mir häufiger die Frage, ob es nicht besser wäre, die Garderobe für eine Größe und Saison auf einmal bei Hans Natur oder Greenstories zu kaufen. Wie immer möchte ich mich nicht auf mein Gefühl verlassen, sondern einmal checken und berechnen, wie es denn wirklich aussieht. Die Grundlage für meine Berechnung ist die Garderobe für eine Größe (ca. 15 Teile). In einem anderen Artikel habe ich mich bereits einmal mit der Frage beschäftigt, ob lieber online oder offline einkaufen. Hier geht es die folgende Frage:

Was ist nachhaltiger: gebrauchte Mode bei vielen Privatleuten oder neue Sachen bei einem Ökomode-Anbieter kaufen?

Weg der Kleidung zum Kunden

Um zu verstehen, welche Option nachhaltiger ist, muss ich erst einmal verstehen, wie der Weg der Kleidung in beiden Fällen aussieht.

Bei neuer Kleidung stehen am Anfang neue Fasern. Im Falle von natürlichen Fasern wie Baumwolle, Leinen oder Wolle müssen die Pflanzen angebaut und geerntet bzw. die Tiere aufgezogen und geschoren werden. Im Falle von synthetischen Fasern wird zuerst Plastik geschmolzen und dann durch Düsen gedrückt. Dann gibt es noch die zellulosebasierten synthetischen Fasern wie z.B. Viskose. Dafür braucht es auch zuerst den Baum, den man dann zu Zellulosebrei kocht. Mithilfe von mehr oder weniger aggressiven Chemikalien fallen dann Fasern aus.

Die Fasern werden im nächsten Schritt zu Garn gesponnen. Das Garn wird dann gestrickt oder gewebt und dann gefärbt und veredelt. Damit habt ihr den Stoff. Der Stoff muss dann noch zugeschnitten, genäht und gebügelt werden. Jetzt ist das Teil endlich fertig. Als nächstes kommt es zum Händler und von dort sendet er es entweder zu dir oder du kaufst es im Laden.

Bei gebrauchte Kleidung fällt die gesamte Produktion der Kleidung weg. Denn diese Kleidung wurde ja bereits für den ersten Verkauf produziert. Der große Vorteil von gebrauchter Kleidung ist: Klamotten, die sie jemand nicht mehr haben möchte, landen nicht auf dem Müll, sondern bekommen ein neues Leben. Zusätzlich sind gebrauchte Kleidungsstücke auch noch um einiges günstiger als neue. Bereits ein Drittel kauft auch schon gebrauchte Mode.Gebrauchte Kleidung kann man online einerseits bei Händlern kaufen oder auch bei Privatleuten über Plattformen wie vinted oder ebay. In beiden Fällen versendet der Verkäufer die Kleidung zu dir nach Hause.

Wie ist es für die Umwelt?

Ich konnte drei Studien für die Kleidungsindustrie finden, die sich mit dem Umwelteffekt auseinandersetzen: Bereits in 2009 berechnete die Beratung systain für ein paar T-Shirts von Otto den CO2-Ausstoß und zum anderen hat die Firma Waschbär in 2021 für eines ihrer Kleidungsstücke die CO2-Bilanz erstellt. Die Nachhaltigkeitsberatung Quantis hat 2018 eine Studie über den Global Impact der Textilindustrie durchgeführt. Die letzte Studie ist besonders interessant, da sie nicht nur die CO2-Emissionen betrachtet, sondern den gesamten Einfluss der Textilindustrie.

Herstellung

Dieser ganze Prozess braucht eine ganze Menge Ressourcen. Einerseits eine ganze Menge Energie, die meist aus fossilen Energieträgern stammt, die viel CO2 ausstoßen. Für ein T-Shirt fallen zwischen 2 und 11 kg CO2-Äquivalente an je nachdem welche Fasern genutzt werden, ob Bio angebaut wird und wie weit die Transportwegen von einem Schritt zum nächsten sind. Denn ist nicht unüblich, dass die Baumwolle in den USA angebaut, dann in China weiter verarbeitet und in Bangladesh zum T-Shirt genäht wird. Gleichzeitig braucht die Produktion auch noch Wasser und Chemikalien, die das Ökosystem und die menschliche Gesundheit beeinflussen. Da ich in meinem Vergleichsbeispiel von einem Ökohändler einkaufen möchte, gehe ich vom niedrigsten Wert – 2kg – aus. Da beim Secondhand Kauf die Herstellung wegfällt, geht dieser Punkt an die gebrauchte Mode.

Verpackung

Verpackung fällt sowohl beim Online Händler als auch Versenden durch Privatpersonen an. Da der Online Händler 15 Teile auf einmal versendet, nimmt dieser sicherlich einen Karton. Um diesen zu produzieren, braucht es ca. 1 kg CO2-Äquivalente. Privatleute versenden ein einzelnes Teil am ehesten in einem großen Briefumschlag aus Papier. Bei der Papierproduktion entsteht viel weniger CO2. Deshalb sind selbst 15 Briefumschläge besser als das Klima als 1 Karton. Auch dieser Punkt geht an die gebrauchte Mode.

Versand

So, jetzt kommen wir zum Knackpunkt, weshalb ich überhaupt gezweifelt habe, ob gebrauchte Mode online kaufen wirklich nachhaltiger ist. Wenn ich ein T-Shirt von Hamburg nach München mit DHL versende, verbraucht DHL damit ca. 140g CO2-Äquivalente. Versende ich ein Paket, das 15 Mal das Gewicht und Volumen meines einzelnen Pakets hat, spuckt mir der DHL Rechner einfach 15x140g aus. Hm. Das bedeutet, in den Augen von DHL ist es egal, ob ich 15 Päckchen versende oder alle Produkte in einem Paket.

Es gibt keinen Sockel – sie gehen wohl immer von Vollauslastung aus und natürlich, dass jeder immer zuhause ist. Damit das funktioniert, muss man eigentlich in einer Großstadt leben, wo die Lieferdienste immer ausgelastet herumfahren. Auf dem Land sollte ich wohl eher für den Versand die CO2-Emissionen für 5km Individualverkehr annehmen und damit kämen dann zusätzlich für die lange Strecke noch mal mindestens 600 g CO2 für jedes Päckchen hinzu. Damit gibt es für Großstadtbewohner in diesen Punkt einen Gleichstand zwischen dem großen Päckchen beim Onlinehändler oder den vielen kleinen Päckchen bei Privatleuten. Bei Landbewohnern kann nicht davon ausgegangen werden, dass DHL immer komplett ausgelastet rumfährt, sondern eher, dass sie bei weniger Bestellungen auch weniger Fahrten machen würden. Deshalb geht dieser Punkt für Landbewohner an die neuen Klamotten vom Onlinehändler.

So viel CO2 fällt für neue und gebrauchte Mode online kaufen an

In der folgenden Tabelle seht ihr die Werte einmal zusammen gefasst. Ich gehe von 15 Teilen aus und dass ich gebraucht jedes Teil bei jemanden anders bestelle.

CO2-Äquivalenteneu im Online Ökohandelgebraucht
Herstellung15x2kg = 30 kg0kg
Verpackung1x1kg15x20g = 300g
Versand1×2,1kg15x140g = 2,1kg (Großstadt)
15x740g = 11kg (Land)
Gesamt33,1kg2,4kg – 11,3kg

Etwas, was total spannend ist: ich hatte vor meinen Recherchen erwartet, dass es viel schlechter sei, 15 kleine Pakete auszuliefern als 1 großes.

Doch selbst wer auf dem Land wohnt, lebt immer noch nachhaltiger, wenn er jedes Kleidungsstück einzeln gebraucht bestellt als wenn er dieses neu bei einem Ökoversand bestellt. Einerseits sind die Treibhausgasemissionen um 2/3 niedriger. Zusätzlich kommen jedoch noch andere Effekte der Produktion hinzu wie hoher Wasserverbrauch, Chemikalien etc.

Fazit und Empfehlung

Kleidung gebraucht online kaufen ist nachhaltiger als neue Kleidung kaufen. Das stimmt selbst dann noch, wenn man jedes Teil einzeln bei jemanden anders bestellt. Denn der Transport von vielen Einzelstücken verbraucht immer noch weniger Energie als die Herstellung eines Teils.

Dennoch ist es nicht ideal, jedes Teil einzeln zu bestellen, insbesondere wenn du auf dem Land wohnst. Stattdessen gibt es hier einige Ideen, was noch besser ist:

  • mehrere Kleidungsstücke zu einem Paket bündeln und bei einer Person bestellen
  • auf einem Flohmarkt / Second Hand Laden vor Ort kaufen (nicht extra dafür in die nächste Stadt fahren)
  • mehrere Kleidungsstücke auf einmal in einem Second Hand Laden im Internet kaufen: Percentil, Momox Fashion, Mama Mia Second Händchen, Mini Maxi Mix

Zusätzlich lohnt es sich auch, bei gebrauchter Kleidung auf Bio-Marken zu achten. Das hat zwar keinen direkten Einfluss auf deinen ökologischen Fußabdruck. Denn die Kleidungsstücke waren ja eh schon produziert. Wenn sie dann noch häufig gewaschen wurden, sind auch alle Schadstoffe raus. Die Logik für Biokleidung ist eine andere: Wenn sich Biokleidung besser wieder verkaufen lässt, wird sich vielleicht der eine oder andere beim nächsten Mal überlegen, auch neu Biokleidung zu kaufen.

Übrigens, ich selbst kaufe nur für meine Tochter gebrauchte – bevorzugt Bio – Kleidung. Für mich selbst kaufe ich neue Biokleidung. Der Grund ist, dass ich gerne Unternehmen unterstützen möchte, die Biokleidung produzieren. Denn nur, wenn diese einen relevanten Marktanteil erhalten, werden auch die konventionell produzierenden Unternehmen nach und nach ihre Produkte ökologischer herstellen.