Plastik ist ein Thema, das mich sehr berührt. Ich achte schon lange darauf, möglichst wenig Plastik in mein Leben zu lassen. Das gilt sowohl für meinen Alltag als auch für meine Kleidung und Möbel. Doch egal, wie sehr ich vorher darüber nachgedacht habe, wie doof ich Kunststoff finde – nichts hat mich auf den Anblick am Strand in Albanien vorbereitet.
Als wir im Frühjahr 2020 durch Albanien mit dem Wohnmobil gefahren sind, haben wir wie so oft in anderen Ländern am Strand gestanden. Es war noch nicht Saison. Deshalb gab es nicht jeden Morgen eine Putzkolonne. Da sah der Strand so aus wie auf dem Bild oben. Wir haben dann Säckeweise den Müll – fast alles Plastik – eingesammelt. Und am nächsten Tag war genau so viel wieder da wie zuvor – einfach vom Meer angespült. Das frustriert.
Doch ist Plastik nicht gleich Plastik. In diesem Artikel möchte ich die unterschiedlichen Arten von Plastik beleuchten. Denn ist gibt Kunststoffe, die definitiv gefährlicher sind als andere. In vielen Bereichen ist Kunststoff auch notwendig und sinnvoll. Es ist jedoch wichtig, den richtigen zu nehmen.
Was ist Plastik?
Plastik, auch Kunststoff genannt, ist recht schwierig zu fassen, denn es kommt in allen Formen und Farben daher. Außerdem kann es hart und stabil sein oder ganz weich. Gemeinsam ist allem Plastik, dass es künstlich hergestellt wird und aus großen Kohlenstoff-basierten Molekülen besteht.
Kunststoffe gibt es noch gar nicht so lange. Den ersten Kunststoff hat Alexander Parkes 1855 entwickelt. Interessant ist dabei, dass dieser auf Zellulose basierte und nicht wie heute meist auf Erdöl oder Erdgas. Den Durchbruch erfuhr Kunststoff, als erstmals PVC aus den Abfallprodukten der chemischen Industrie hergestellt werden konnte. Damit sank der Preis dramatisch. Heute werden jährlich weltweit 370 Millionen Tonnen Kunststoff hergestellt, das meiste davon in China. Zum Vergleich, weltweit wird ca. 1 Mrd. Tonnen Rohstahl hergestellt und ca. 4 Mrd. Kubikmeter Holz produziert. Das entspricht ca. 2 Mrd. Tonnen. Während jedoch Stahl ohne Verluste recycelt werden kann und Holz ganz einfach verrottet, bleibt der Kunststoff unbegrenzt erhalten, zumindest die meisten Arten. Deshalb ist es wichtig, die Unterschiede zu kennen.
Welche Arten von Plastik gibt es?
Man kann Plastik nach ganz vielen verschiedenen Kriterien unterscheiden. Da wir uns bei eselva mit Nachhaltigkeit beschäftigen, schauen wir auf zwei Nachhaltigkeitskriterien: die Rohstoffe und die Entsorgung.
Anhand der Rohstoffe kann man konventionelle und biobasierte Kunstoffe unterscheiden. Während die konventionellen Kunststoffe auf Erdöl oder Erdgas basieren, basieren die biobasierten Kunststoffe auf nachwachsenden Rohstoffen, meist Zellulose (Holz) oder Mais / Zucker. Bei der Entsorgung gibt es solche Kunststoffe, die biologisch abbaubar sind und solche, die es nicht sind. Es ist übrigens ein Trugschluss, dass biobasierte Kunststoffe automatisch biologisch abbaubar sind und dass alle Erdölbasierten es nicht sind.
Von den jährlich 370 Mio Tonnen produziertem Kunststoff sind ca. 2 Mio nicht konventionelle Kunststoffe. Diese teilen sich auf in 0,5 Mio Tonnen konventionell & abbaubar, 0,8 Mio Tonnen biobasiert und nicht biologisch abbaubar, 0,7 Mio Tonnen biobasiert und biologisch abbaubar. Ein Gefühl für die Größenverhältnisse bekommt ihr durch die Kreise in der Grafik.
Rohstoffe
Konventioneller Kunststoff
Die häufigsten Rohstoffe für Plastik sind Erdöl und Erdgas. Das ist ein Problem – gleich in mehreren Dimensionen: Erdöl und Erdgas sind endlich und vor allem die Förderung und der Transport sehr umweltschädlich. Immer wieder kommt es zu Unfällen, so dass pro Jahr ca. 100.000 Tonnen Öl ins Meer fließen. Dieses Öl zerstört vor allem Korallenriffe. Und kommen Tiere damit in Berührung, verkleben sie und sterben meist innerhalb kürzester Zeit. Bei der Förderung von Erdöl wird auch immer Erdgas inklusive aller möglicher Zusatzstoffe mit frei. Meist fangen die Ölgesellschaften dieses Gas jedoch nicht auf, sondern verbrennen es einfach. Und das ist nicht wenig. Im letzten Jahr waren es ca. 140 Mio. Tonnen Erdgas. Dadurch gelangen CO2 und Methan in die Atmosphäre in ungefähr derselben Größenordnung wie alle Autos in ganz Europa zusammen ausstoßen. Natürlich entfällt diese Menge nicht alleine auf den Kunststoff – doch es hat definitiv seinen Anteil daran.
Biobasierte Kunststoffe
Ok, das klingt nicht wirklich gut. Doch wie sieht es mit den biobasierten Kunststoffen aus? Diese basieren hauptsächlich auf Biomasse. Dafür gibt es eine DIN Norm: EN 16575, in der definiert ist, dass es biologischen Ursprungs sein muss, aber nicht fossil sein darf. Es gibt da drei Kategorien: Pflanzen (meist Zuckerrohr, Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln, Weizen, Bäume und Rizinusbaum), Mikroorganismen (wie Hefe und Bakterien) und Tiere (Chinin).
Meist sieht die Herstellung von Kunststoff so aus: Eine Pflanze liefert Zucker oder Stärke. Dann kommen Hefen oder Bakterien dazu, die den Zucker oder die Stärke in Alkohol oder eine Säure verwandeln. Dann gibt man noch einige Chemikalien hinzu, die den Alkohol oder die Säure in Kunststoff umwandeln. Dieser letzte Prozessschritt ist ähnlich wie beim konventionellen Kunststoff – nur wird hier der Alkohol oder die Säure eben aus Pflanzen gewonnen und nicht aus Erdöl oder Erdgas.
Je nachdem, um welchen Kunststoff es sich handelt, muss dann noch ein Weichmacher hinzugegeben werden. Auch dies ist gleich – egal ob es sich um die Erdöl oder die Pflanzenvariante handelt.
Handelt es sich um eine Plastikart wie zum Beispiel PLA, die ohne Weichmacher oder andere giftige Zusätze auskommt, ist dies tatsächlich viel umweltfreundlicher – zumindest sofern die Pflanzen ökologisch angebaut werden. Vielfach gibt es die Diskussion, ob der Anbau von Pflanzen für die Kunststoffproduktion Platz für Lebensmittelproduktion wegnimmt. Das Institut für Bioplastics und Biocomposites der Hochschule Hannover hat in einer Studie den Platzbedarf für die Produktion von Bioplastik bestimmt. Selbst wenn 100% des aktuellen konventionellen Kunststoffs durch biobasierten ersetzt würde, bräuchte man nur ca. 3% der globalen Landswirtschaftsfläche. Geht es also nur um den Rohstoff wäre es tatsächlich eine Lösung, konventionelle Kunststoffe durch biobasierte zu ersetzten. Dafür müssten jedoch die Produktionskapazitäten stark hoch gefahren werden, denn aktuell ist der Anteil mit 0,4% extrem gering.
Entsorgung
Der zweite bedeutende Punkt in Bezug auf Kunststoffe ist deren Entsorgung. In einer idealen Welt würde jeder und jedes Produkt, das wir auf der Welt herstellen entweder recycelt oder kompostiert (Cradle2Cradle Gedanke). Entsprechend dieser Überlegung müsste Kunststoff recycelt werden, denn die konventionellen Kunststoffe sind nicht biologisch abbaubar.
Recycling von Kunststoffen
Doch genau da gibt es ein Problem. Gut recycelbar sind nur reine Kunststoffe, d.h. zum Beispiel eine saubere PET-Flasche ohne Deckel und Etikett oder eine Frischhaltedose aus PP oder PE. Allerdings gibt es das so gut wie nie. Fast alle Kunststoffe in unserer Umgebung sind Verbundstoffe, die sich auch nicht wirklich gut trennen lassen. Das erklärt auch, warum wir in Deutschland trotz einer sehr hohen Sammelquote von Kunststoffen nur eine recht niedrige Recyclingquote von 15% haben. Was passiert mit dem Rest? Zum Großteil wird er verbrannt. Doch auch eine Menge an Müll wird ins Ausland verschifft und landet dort offiziell in deren „Recycling“ oder eben doch auf der Müllhalde in der Natur.
Und das war die gute Seite. Das war das Plastik, das jemand entweder über das Pfandsystem oder die gelbe Tonne gesammelt hat. Genügend Kunststoff landet jedoch auch direkt in der Natur. In den Weltmeeren wird das Plastikproblem am deutlichsten. Jedes Jahr landen 100.000 Tonnen Plastik im Mittelmeer. Dies ist jedoch nichts gegen den sogenannten „Großen Pazifischen Müllteppich“, einer Ansammlung von mehreren Billionen Plastikteilen zwischen Kalifornien und Hawaii, welche mittlerweile die dreifache Größe Frankreichs erreicht hat. Selbst am tiefsten Ort der Erde, dem Mariannengraben, findet sich unser Plastikmüll.
Biologisch abbaubare Kunststoffe
Was wäre also, wenn Kunststoffe auch biologisch abbaubar wären. Nun, es gibt einige, die es von Natur aus sind und bei anderen wird gerade intensiv geforscht, wie man sie biologisch abbaubar machen könnte.
Was bedeutet biologisch abbaubar? Das ist in den DIN Normen EN 13432 und EN EN 14995 bestimmt. Demnach ist ein Produkt biologisch abbaubar, wenn es nach 3 Monaten industrieller Kompostierung zu 90% in Stücke kleiner als 2mm zerfallen ist und nach 6 Monaten zu 90% in CO2 umgewandelt ist. Das erste Kriterium wird einfach mit einem Sieb getestet während das zweite Kriterium chemisch bestimmt wird. Das klingt erstmal ganz gut.
In der Natur sieht es allerdings etwas anders aus. Da dauert es deutlich länger, teilweise Jahre. Dennoch wird es irgendwann abgebaut und nicht nur zerkleinert wie konventionelles Plastik. Dh. es entsteht kein Mikroplastik. Wie lange es dauert, hängt einerseits von den Bedingungen ab und auch von der Materialstärke, die zersetzt werden soll. Denn es braucht Mikroorganismen, die den Kunststoff in CO2 und Biomasse umwandeln. Diese gibt es reichlich in Böden aber wenig im Wasser. Und logischerweise ist eine dünne Folie schneller abgebaut als ein dicker Block. Damit helfen biologisch abbaubare Kunststoffe nur wenig, um die Plastikverschmutzung in den Ozeanen zu lösen.
Ein weiteres Problem ist, dass die Kompostieranlagen der Kommunen nicht auf biologisch abbaubare Kunststoffe vorbereitet sind. Und auch beim Recycling werden nur wenige dieser Kunststoffe verarbeitet – selbst wenn sie theoretisch recycelbar sind. Doch die Infrastruktur ist nicht darauf vorbereitet und auch hier sind Verbundstoffe ein Problem. Es gibt jedoch noch einen anderen Aspekt, bei dem biologisch abbaubare Kunststoffe sehr sinnvoll sind. Ein Großteil des Mikroplastiks entsteht zum Beispiel durch Reifenabrieb, Schuhsolenabrieb, Waschen von Textilien etc. Würden dort vermehrt biologisch abbaubare Kunststoffe eingesetzt werden, würde der Abrieb mit der Zeit einfach abgebaut werden statt sich immer mehr zu akkumulieren.
Hierarchie der konventionellen Kunststoffe
Bisher haben wir geschaut, ob die biobasierten, biologisch abbaubaren Kunststoffe eine sinnvolle Alternative zu den konventionellen Kunststoffen darstellen. Dennoch wird es wohl meist so sein, dass ihr gar nicht die Möglichkeit habt, zwischen einem konventionellen oder einem Bioplastik zu wählen. Deshalb werdet ihr wohl oder übel nicht drum herum kommen für einige Produkte auch solche aus konventionellen Plastik zu wählen. Doch auch konventionelles Plastik ist nicht gleich Plastik. Denn auch hier gibt es in Bezug auf die Umweltwirkungen große Unterschiede.
Greenpeace hat einmal mit der Kunststoffpyramide einmal eine Hierarchie der verschiedenen Kunststoffe in Bezug auf ihre Umweltwirkung aufgestellt. Leider gibt es diese nicht mehr auf der offiziellen Greenpeace Seite – doch ihr findet den Langtext auch hier.
Je weiter oben ein Kunststoff auftaucht, desto schädlicher ist er. Demnach ist Polyvinylchlorid, kurz PVC, die schädlichste aller Plastikarten. Das liegt vor allem an den Weichmachern, die PVC zugesetzt werden und mit der Zeit ausdünsten. PVC wird zum Beispiel für Gartenmöbel, Tischdecken, Bodenbeläge und Fensterrahmen, sowie in Kreditkarten, Kunstleder oder als Isolationsmaterial für Elektro-Kabel verwendet. Da solltet ihr definitiv die Finger von lassen.
Das häufige PET ist an sich recht ungefährlich, hat jedoch die unangenehme Eigenschaft, mit der Zeit Acetaldehyd abzusondern. Das ist zwar angeblich nicht schädlich, aber trotzdem unangenehm. Falls ihr noch nicht komplett auf Leitungswasser als Getränk umgestiegen seid und Wasser aus PET Flaschen trinkt, merkt ihr das am Geschmack. Dann kippt das Wasser lieber weg als es zu trinken.
Von den konventionellen Kunststoffen sind Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) am unbedenklichsten. Denn diese dünsten nichts aus, brauchen keine Weichmacher, sind in reiner Form sehr gut recycelbar.
Fazit – Was kann ich tun
Das Plastik ein Problem ist, ist nichts Neues. Es findet sich schlichtweg überall: in unserem Kühlschrank, in unserer Kleidung, in unserer Medizin, in unserer Technik, in unseren Ozeanen und sogar in ungeborenen Babys konnte mittlerweile Mikroplastik nachgewiesen werden. Die Plastikpandemie hat uns längst im Griff und ist ein globales Problem, das uns alle betrifft. Doch selbst in einer nachhaltigen Zukunft ist das Material nicht mehr wegzudenken. Zu wichtig ist es in der Medizin und in anderen Bereichen des Lebens. Deshalb ist es wichtig, die Unterschiede zwischen den einzelnen Plastikarten zu kennen.
Am besten wäre es natürlich ganz auf Plastik zu verzichten. Falls es doch Plastik sein muss, achtet darauf, dass es biobasierte und biologisch abbaubare Plastik ist. Zwar ist es momentan noch nicht möglich, diese zu recyceln oder wirklich zu kompostieren. Denn die Strukturen fehlen dafür noch. Doch nur, wenn es dafür eine Nachfrage gibt und die Abfallbetriebe feststellen, dass es eine genügend große Menge gibt, dann werden sie die Strukturen dafür aufbauen. Das macht jedoch nur Sinn, wenn ihr durch solch einen Biokunststoff einen konventionellen ersetzt. Reine Naturstoffe oder Stein/Metall sind in jedem Fall am besten.
Ein weiterer Tipp: Wenn möglich, achtet darauf, ob das Teil aus einem Stück ist oder ob es ein Verbundstoff ist (mehrere Lagen). Verbundstoffe können nämlich nicht recycelt werden und werden immer verbrannt. Das gilt selbst, wenn es irgendwann mal die Infrastruktur für die Verwertung von biobasierten, biologisch abbaubaren Kunststoffen gibt.
Und zum Schluss, wenn es doch ein konventioneller Kunststoff sein soll, haltet Euch an die Kunststoffpyramide – je weiter unten, desto besser. Es ist also besser, etwas aus PE oder PP zu nehmen als zum Beispiel aus ABS und PVC sollte Tabu sein.
Bei allem, was ihr tut, denkt daran, dass ihr langsam anfangt. Denn es ist niemanden geholfen, wenn ihr von heute auf morgen alles perfekt machen wollt und dann nach einem Monat so genervt von eurer Nachhaltigkeitsreise seid, dass ihr auf gar nichts mehr achtet.